Viele unserer Lieferanten sind nicht nur Lieferanten, sondern auch Freunde.

03.10.2019 - Der gebürtige Schwabe Simon Kaiser lernte sein Kochhandwerk in der Sternegastronomie, wo es statt ‚gut, sauber, fair‘ eher elitär herging. Im Fokus standen vor allem Fisch und Meeresfrüchte, die von weit herkamen und viel kosteten. Dann aber lernte er, dass gehobene Küche und Rücksicht auf die Natur kein Widerspruch sind – im Gegenteil. 2013 eröffnete er gemeinsam mit seiner Frau Sarah das Restaurant ‚Esszimmer‘, wo er lieber mit Kartoffeln und Äpfeln statt mit Trüffel zaubert. Slow Food berichtet er von seiner Genusswerkstatt in Oberschwaben.

Simon Kaiser_(c) Andy Brüstl.jpgWie sind Sie zu Slow Food gekommen?
Ganz klassisch über Kollegen, über die ich gelernt habe, dass Slow Food sein Verständnis von Handwerk und Genuss auf eine ‚gesunde‘ Art und Weise nach außen trägt und die Philosophie gut zu uns passt. Wir sind zunächst Unterstützer von Slow Food geworden. Darüber kam ich zur Chef Alliance, wo unsere Art zu kochen genau reinpasst.

Wie setzen Sie ‚gut, sauber, fair‘ in die Tat um?
Indem ich es sowohl privat als auch beruflich lebe, gelingt mir das auf ganz natürliche, fast schon selbstverständliche Art und Weise. Ich glaube, es lässt sich nur schwer bis gar nicht auf das Geschäftliche reduzieren. Ich möchte auch für meine Familie entsprechend gute Produkte kaufen und zubereiten. Dieses Bedürfnis hat sich mit der Geburt unserer Tochter verstärkt. Ich fühle mich dafür verantwortlich, der nächsten Generation möglichst Gutes zu hinterlassen. Meine Frau und ich bewegen uns hier in einem großen Netzwerk, das quasi der Grundstein unseres Lebens ist. Viele unserer Lieferanten sind uns sehr vertraut und wir stehen in einem sehr guten Verhältnis zueinander. Ich weiß, wie sie ihr Gemüse hochziehen, ihre Tiere halten, sie füttern und schlachten.

Sie scheinen Überzeugungstäter zu sein, wie gehen Ihre Gäste damit um?

Die meisten unserer Gäste kommen zu uns, weil sie genau unsere Art der Lebensmittel- und Essenszubereitung wünschen. Sie wollen wissen, woher die Zutaten kommen. Aber klar, Informationsvermittlung ist essentiell, vor allem bei den jüngeren Gästen. Da erkläre ich öfter mal, warum das Fleisch vom Hohenloher Rind teurer ist als das vom Argentinische Rind. Aber ich bin optimistisch. Beim Regionaldenken ist zwar vieles aufgesetzt, nichtsdestotrotz hilft es uns in der Sache. Denn die, die auf den Trend ‚regional‘ aufspringen,  fangen wir auf und geben ihnen unsere Sicht auf die Dinge, nehmen sie über den Geschmack mit auf die Reise zu unseren Erzeugern.

Und das überzeugt sie?

Auf jeden Fall. Es sind die Bodenständigkeit und Einfachheit, mit denen wir sie überzeugen und überraschen. Das habe ich wieder während der letzten Tomatensaison erlebt. Unsere Gäste waren vom selbstgemachten Ketchup und der Tomatensuppe völlig aus dem Häuschen. Beides hatte und brauchte nicht viel mehr als die reife Tomate unserer Region.

Reduzierter Fleischkonsum ist in der Theorie gerade in aller Munde. Wie sieht das bei Ihren Gästen in der Praxis aus?

Wir haben drei Menüs auf unserer Karte – vegetarisch, mit Fleisch und mit Fisch. Davon kommt das vegetarische immer sehr gut an, auch bei Menschen, die grundsätzlich Fleisch essen. Meine Erfahrung zeigt, dass ein Umdenken stattfindet. Mir macht es große Freude, mich vegetarisch auszuleben, das Essen kreativ zu gestalten. Und dann macht es auch den Gästen Spaß.

Was sind Ihre Favoriten regionaler Erzeugnisse?

Wir sind ja nah am Fuße der Schwäbischen Alb, und dort werden auch unsere Favoriten gepflanzt und gezüchtet. Dazu gehört die Alblinse, die wir für Aufstrich und Brot, aber auch ganz schlicht als gekochte Linse nutzen. Ich bin außerdem großer Fan vom Albzarella, den haben wir im Sommer auf unserer Karte. Das sind Produkte, mit denen wir uns identifizieren. Sie begeistern uns, weil sie qualitativ und landwirtschaftlich auf einem super Niveau sind. Und ganz regional sind unsere Mostbirnen, die wir im Garten haben. Mit ihnen versuchen wir uns an der Mostkultur. Das ist ein schöner Ausgleich zum Kochen.

>> Zum Restaurant 'Esszimmer'

Pastinaken-Apfel Suppe mit Früchtebrot Chips

Zutaten für 4 Personen

500 g Pastinaken, frisch
1 großer Apfel 
1 weiße Zwiebel 
1 EL Butter
1 EL Rapsöl 
100 ml Weißwein
500 ml Geflügel oder Gemüsefond
500 ml naturtrüber Apfelsaft 
250 ml Bio-Sahne
2 Lorbeerblätter 
Salz und Pfeffer aus der Mühle
¼ Laib Früchte oder Birnenbrot

Zubereitung
Pastinaken schälen und in grobe Würfel schneiden, ebenso den Apfel. Die Zwiebel schälen, halbieren und fein würfeln.

In einem Topf die Butter zerlassen, zusammen mit dem Rapsöl. Die Pastinaken und den Apfel mit den Zwiebelwürfeln dazu geben, ca. 5 Minuten anschwitzen und mit Weißwein ablöschen. Die Lorbeerblätter hinzufügen und alles etwas einreduzieren. Mit Geflügelfond, Sahne und Apfelsaft aufgießen. Das Ganze etwa 15 Minuten leicht köcheln lassen. Anschließend mit dem Stabmixer fein pürieren. Mit Salz und Pfeffer würzen. Falls zur Hand, mit Abrieb einer unbehandelten Zitrone etwas Säure hinzufügen.

Das Früchtebrot mit dem Messer oder einer Brotschneidemaschine in möglichst feine Scheiben schneiden. Diese auf ein Backblech mit Backpapier geben. Im vorgeheizten Ofen bei 130 Grad ca. 25 Minuten backen bzw. trocknen. Danach kurz auskühlen und fest werden lassen. Die Suppe anrichten und mit den Früchtebrotchips garnieren.

© Simon Kaiser, Restaurant ESSZIMMER

 





 

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